Vorwort
Wasser
So wie das Wasser existenziell für das Leben überhaupt ist, so war es auch entscheidend für die Entwicklung der Stadt Kamenz.
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Vorwort
Wasser
Thomas Binder (Stadtarchiv Kamenz)
So wie das Wasser existenziell für das Leben überhaupt ist, so war es auch entscheidend für die Entwicklung der Stadt Kamenz.
Es war der Umstand einer Furt durch die Elster, der bereits in vorslawischer Zeit einen bedeutenden Handelsweg, aus dem später die via regia hervorging, entstehen ließ und für die erste (slawische) Ansiedlung im Schatten des Eulenberges sorgte. An diesem Fels bzw. Stein entstand im wahrsten Sinne des Wortes also Kamenz. Spätestens mit der deutschen Ostkolonisation um 1200 entwickelte sich der Standort an der Schwarzen Elster zu einem Marktflecken.
Die erste urkundliche Erwähnung von 1225 berichtet von einem Brand, der zumindest die Kirche, wenn nicht sogar die Siedlung betroffen hat. Es fehlte wohl an Wasser zum Löschen. Mit dem anschließenden Neubau der Kirche ging eine Verlagerung der Stadt an seinen heutigen Standort einher. Obgleich im Besitz der Herren von Vesta resp. von Kamenz nahmen bald die Bürger und vor allem die Handwerke bedeutenden Einfluss. So waren es die Fleischer, Schuster, Bäcker und Tuchmacher als die vier großen Gewerke, die politisch und ökonomisch die Entwicklung der Stadt vorantrieben. Dies verdankten die Handwerke auch der günstigen Lage an Schwarzer Elster und Langem Wasser, wo Mühlen ihre Arbeit erleichterten.
Selbst Tuchmacherteich oder Bäckerteich künden vom frühen Reichtum des städtischen Handwerks. Aber auch der Rat sorgte für das Wohl seiner Bürger. So sorgte Herr Ulrich Zwicker mit der Stiftung einer Wasserröhre von Hennersdorf bis in die Stadt im Jahre 1466 nicht nur für die Verbesserung der Wasserversorgung, sondern zugleich nun auch für ein großes Jubiläum: 550 Jahre Kamenzer Wasserleitungsbau.
Es waren aber auch immer wieder Stadtbrände, die dem Aufstieg der Stadt herbe Rückschläge brachten. Vor allem die großen Feuersbrünste von 1572, 1707 und 1842 zeigten nachhaltig, wie wichtig Wasser für eine Stadt war. Dennoch schöpften die Kamenzer stets neue Hoffnung und machten sich an den Wiederaufbau ihrer Stadt. Apropos Hoffnung; diese zu vermitteln war Auftrag der Geistlichkeit.
Am 24. Januar 1729 übergoss Pastor Primarius Gottfried Feller seinen Enkel Gotthold Ephraim Lessing (1729 bis 1781) in der Hauptkirche St. Marien mit dem Taufwasser. Dieser erhielt seine erste Unterrichtung durch die universitär gebildete Familie und nicht zuletzt durch die Schulbildung des weitbekannten Kamenzer Lyzeums, bevor er sich in die weite Welt aufmachte und einer der bedeutendsten deutschen Aufklärer wurde. Doch das nur nebenbei. Der Aufbruch in die Moderne wäre ohne Wasser nicht möglich gewesen, denn auch die Dampfmaschinen benötigten dieses Element.
Als am 30. September 1871 die erste Dampflok in den Bahnhof einfuhr, hatte dieser Epochensprung auch Kamenz erreicht. Der Anschluss an das Schienennetz war für die aufstrebenden Unternehmen und den Vertrieb ihrer Produkte unverzichtbar. Zugleich kamen immer mehr Menschen in die Stadt, um hier zu leben, wohnen, zu arbeiten oder zu dienen. So war es die Garnison, die für die Anlage eines Stadtbades sorgte, wo vorrangig das Militär sich körperlich ertüchtigte, bald aber auch die Kamenzer sich sportlich betätigen konnten. Erholung fanden alle in den großzügig angelegten Parks der Stadt, die ohne Bewässerung nie hätten entstehen können. Und selbstverständlich wäre die Weiterentwicklung der Kamenzer Braukommune um 1900 ohne Wasser nicht denkbar gewesen.
Mit dem Langen Wasser verbindet sich aber zugleich das dunkelste Kapitel der Stadt, als Ende des Zweiten Weltkrieges im Herrental KZ-Häftlinge eingepfercht und getötet wurden. Ihre Asche wurde in den nahe gelegenen Wasserlauf geschüttet. Wasser wird auch zukünftig die Geschichte der Stadt bestimmen. Das beweisen eindrucksvoll die inzwischen vollgelaufenen Steinbrüche in Kamenz und Umgebung. Diese zeugen von einer einst bedeutenden Industrie für die Region, als auch von der Kraft, die in dieser Naturgewalt steckt.
Das Wasserrohr
Nachts braust ein hohles Rauschen an mein Ohr.
Schrill tönt mein Schritt, der banges Leben kündet.
Tief unterm Erdreich liegt ein Wasserrohr:
Weiß nicht, wo’s herkommt, – weiß nicht, wo es mündet.
So tief wie eine Ahnung rollt der Schall, wie bange Märchen, die wir schaudernd träumen.
Mein Fuß erschrickt – und weiß, daß überall
tief unter meinen Wegen Wasser schäumen.